Blutzucker

Blutzuckerspiegel im Überblick

Zucker – insbesondere die Glucose – spielt im menschlichen Körper eine zentrale Rolle. Viele Zellen nutzen ihn bevorzugt, da er leicht verfügbar ist und schnell Energie liefert. Besonders das Gehirn ist stark von Glucose abhängig und benötigt im Ruhezustand täglich rund 150 Gramm. Damit diese Versorgung gewährleistet bleibt, befindet sich ständig eine gewisse Menge Zucker im Blut. 

Der Blutzuckerspiegel ist kein fester Wert, sondern verändert sich je nach Tageszeit, Aktivität und Nahrungsaufnahme. Nach dem Essen steigt er an, weil Kohlenhydrate im Verdauungssystem zu Glucose abgebaut und in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Körperliche Bewegung lässt ihn sinken, da Muskeln den Zucker verstärkt verbrauchen. Auch hormonelle Schwankungen tragen zu diesen natürlichen Veränderungen bei. Damit der Blutzuckerspiegel weder zu stark steigt noch zu tief fällt, sorgt der Körper über ein fein abgestimmtes System für Ausgleich.

Unterzuckerung

Eine Unterzuckerung beschreibt einen Zustand, in dem die Glucosekonzentration im Blut sinkt und unter das normale Niveau fällt. Besonders das Gehirn reagiert empfindlich, da es kontinuierlich Energie benötigt. Ursachen sind meist längere Nahrungspausen, sehr intensive körperliche Belastungen oder auch Schwankungen nach zuckerreichen Mahlzeiten. Wenn der Blutzuckerspiegel abfällt, zeigen sich zunächst eher leichte Anzeichen wie nachlassende Konzentration, kleine Denkfehler, zittrige Hände oder ein leichtes Schwindelgefühl.

Um gegenzusteuern, aktiviert der Körper sofort mehrere Mechanismen. Hormone wie Adrenalin und Glucagon bewirken, dass Glucose aus den Speichern von Leber und Muskeln freigesetzt wird. Auch Cortisol kann in länger anhaltenden Situationen zur Neubildung von Glucose beitragen. Parallel sendet das Gehirn Hungersignale, die für Nachschub von außen sorgen. Bleibt der Mangel länger bestehen, verstärken sich die Symptome: Schwindel, Schwäche oder Sehstörungen sind möglich. In den meisten Fällen wird der Blutzuckerspiegel jedoch schnell wieder stabilisiert, da die körpereigenen Systeme sehr zuverlässig arbeiten.

Überzuckerung

Das Gegenstück zur Unterversorgung ist die Überzuckerung, also eine erhöhte Glucosekonzentration im Blut. Kurzfristig ist dies ganz normal und Teil des Verdauungsprozesses: Nach einer Mahlzeit werden Kohlenhydrate in Glucose umgewandelt, aufgenommen und der Blutzuckerspiegel steigt an. Der Körper reagiert darauf, indem die Bauchspeicheldrüse Insulin ausschüttet, das die Aufnahme von Glucose in die Zellen ermöglicht. Normalerweise sinkt der Spiegel anschließend wieder auf das Ausgangsniveau.

Problematisch wird es, wenn der Blutzuckerspiegel dauerhaft hoch bleibt. Bei sehr hohen Konzentrationen verändert sich der Flüssigkeitshaushalt, da Glucose Wasser bindet. In diesem Fall scheidet der Körper Zucker mit dem Urin aus, wobei gleichzeitig Flüssigkeit verloren geht. Außerdem kann es zur sogenannten Glykierung kommen: Glucose lagert sich an Eiweiße oder Fette an und verändert deren Struktur. Die dabei entstehenden sogenannten „AGEs“ (Advanced Glycation Endproducts) können sich auf verschiedene Gewebe auswirken. Als langfristiger Marker dient der HbA1c-Wert, der anzeigt, wie stark das Blut im Durchschnitt der letzten Wochen mit Zucker belastet war.

Hormone und Regulation

Im Zentrum der Regulation stehen die beiden Hormone Insulin und Glucagon. Insulin wird in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse gebildet und sorgt dafür, dass Zucker aus dem Blut in die Muskel- und Fettzellen aufgenommen wird. Es wirkt wie ein Schlüssel, der die „Türen“ in die Zellen öffnet. Zusätzlich fördert es die Speicherung in Form von Glykogen und trägt dazu bei, dass der Blutzuckerspiegel wieder sinkt.

Glucagon ist der Gegenspieler. Es wird in den Alphazellen der Bauchspeicheldrüse produziert und aktiviert den Abbau von Glykogen in der Leber, sodass Glucose ins Blut abgegeben wird. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel wieder an, wenn die Konzentration zu niedrig ist. Ergänzend wirken weitere Hormone wie Adrenalin, Cortisol oder Wachstumshormone, die besonders in Stress- oder Belastungssituationen die Energieversorgung absichern.

Dieses Zusammenspiel funktioniert wie eine Waage: Nach einer Mahlzeit senkt Insulin den Blutzuckerspiegel, in Fastenzeiten oder bei Bewegung erhöht Glucagon ihn wieder. So bleibt die Konzentration innerhalb eines stabilen Bereichs, der sowohl Unter- als auch Überversorgung verhindert.

Insulinresistenz

Von Insulinresistenz spricht man, wenn die Körperzellen weniger empfindlich auf das Signal von Insulin reagieren. Normalerweise bindet Insulin an einen Rezeptor auf der Zelloberfläche und löst die Aufnahme von Glucose aus. Ist diese Reaktion abgeschwächt, bleibt mehr Zucker im Blut, während weniger in den Zellen ankommt.

Die Entstehung einer Insulinresistenz hat verschiedene Ursachen. Häufige Blutzuckerspitzen, verursacht durch stark verarbeitete Kohlenhydrate, gelten als ein wesentlicher Faktor. Auch Bewegungsmangel trägt bei, weil die Muskulatur der größte Verbraucher von Glucose ist. Ein weiterer Punkt ist das sogenannte viszerale Bauchfett, also Fettgewebe rund um die inneren Organe. Es setzt Botenstoffe frei, die die Wirkung von Insulin stören können. Auch erhöhte Mengen freier Fettsäuren im Blut beeinträchtigen die Signalübertragung.

In der Frühphase kann der Körper noch ausgleichen, indem die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin ausschüttet. Auf diese Weise bleibt der Blutzuckerspiegel zunächst normal, doch die Insulinspiegel sind bereits erhöht. Mit der Zeit kann diese Mehrarbeit nicht mehr aufrechterhalten werden, und der Blutzucker steigt an. Dieses Stadium bezeichnet man als Prädiabetes.

Langfristig führt Insulinresistenz dazu, dass der Blutzuckerspiegel häufiger erhöht bleibt und gleichzeitig der Fettstoffwechsel verändert wird. Insulin hemmt normalerweise den Abbau von Fett und fördert den Aufbau von Energiereserven. Bei dauerhaften hohen Insulinspiegeln wird Fett verstärkt eingelagert, was das Ungleichgewicht zusätzlich verstärkt. Auch die Bauchspeicheldrüse wird dauerhaft gefordert, immer mehr Insulin zu produzieren.

Glykämischer Index

Ein weiterer Aspekt rund um die Blutzuckerregulation ist der sogenannte glykämische Index. Er beschreibt, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel im Vergleich zu Traubenzucker ansteigen lässt. Der Referenzwert von Glucose wurde auf 100 festgelegt. Lebensmittel mit einem hohen Wert lassen den Blutzuckerspiegel schnell und stark steigen, während Lebensmittel mit niedrigem Wert den Anstieg langsamer und geringer ausfallen lassen. Der GI liefert somit eine Orientierung, welche Kohlenhydrate eher für schnelle und welche eher für gleichmäßigere Veränderungen sorgen.

Fazit

Der Blutzuckerspiegel unterliegt ständigen Schwankungen. Sowohl Unterzuckerung als auch Überzuckerung zeigen, wie sensibel das System reagiert. Mit Insulin und Glucagon stehen zwei Hormone im Mittelpunkt, die gemeinsam dafür sorgen, dass die Versorgung stabil bleibt. Weitere Hormone greifen unterstützend ein, wenn besondere Belastungen auftreten. Kommt es jedoch zu einer Insulinresistenz, gerät dieses Gleichgewicht ins Wanken. Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung und Körperfettanteil beeinflussen, wie stabil die Regulation verläuft. Der glykämische Index bietet eine zusätzliche Orientierung, wie verschiedene Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflussen können.

Wichtig zu merken

Je höher der glykämische Index eines Zuckers oder Lebensmittels ist, umso stärker bzw. länger ist der Blutzuckerspiegel erhöht. Je höher der Blutzuckerspiegel steigt, umso mehr Insulin wird ausgeschüttet, um diesen wieder zu normalisieren.

 

Der glykämische Index ausgewählter Zucker und Lebensmittel

(modifiziert nach 8 9)

 Zucker / LebensmittelGlykämischer Index
hoher GI
(über 70):
starke Auswirkung
auf den Blutzuckerspiegel
Maltose (Malzzucker)105
Glucose (Traubenzucker)100
Kartoffelpüreepulver87
Cornflakes81
Weißbrot70-89
Sportler-/ Iso-Getränke70-77
Süßkartoffel70
mittlerer GI
(50 bis 70):
moderate Auswirkung auf
den Blutzuckerspiegel
Vollkornweizenbrot69
Reis, gekocht69
Croissant67
Hamburger66
Saccharose (Rohr- bzw. Haushaltszucker)65
Trehalose65
Popcorn65
Kürbis64
Schokoriegel64
Honig61
Cola, Limonade61-68
Roggenbrot58
Baguette, französisches57
Vollkornroggenbrot57
Eiscreme57
Ahornsirup55
Kartoffeln54-58
Zuckermais54
Bananen52
Brauner Reis, gekocht50
niedriger GI
(unter 50):
geringe Auswirkung auf
den Blutzuckerspiegel
Pumpernickel47
Lactose (Milchzucker)46
Haferflocken42
Fruchtsaft40-50
Südfrüchte40-50
Karotten39
Apfel, Pflaumen~36
Isomaltulose32
Fruchtjoghurt30-60
Milch30
Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen)26-48
Zitrusfrüchte25-45
Fructose (Fruchtzucker)20
Galactose (Schleimzucker)20
Naturjoghurt19
Agavensirup (cave: hoher Fructosegehalt)13
Tagatose3
kein GI:
keine Auswirkung auf
den Blutzuckerspiegel
Ribose0
Erythritol0
kohlenhydratfreie Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, reifer/ fettreicher Käse, Fette und Öle0

Kein Zucker ist wie der andere

Nicht alle Zuckerarten wirken gleich auf den Blutzuckerspiegel. Ihre Aufnahme und Verarbeitung im Körper unterscheiden sich deutlich.

Glucose (Traubenzucker) wird sehr schnell in den Blutkreislauf aufgenommen. Der Blutzuckerspiegel steigt rasch an, weshalb Glucose mit einem glykämischen Index (GI) von 100 den Referenzwert bildet.

Fructose (Fruchtzucker) wird ebenfalls schnell resorbiert, aber überwiegend von der Leber aufgenommen. Dadurch gelangt nur ein kleiner Teil direkt ins Blut, der GI liegt bei etwa 20.

Saccharose (Haushaltszucker) besteht aus Glucose und Fructose und hat mit einem GI von 65 einen mittleren Einfluss. Maltose (Malzzucker), die aus zwei Glucosebausteinen besteht, lässt den Blutzuckerspiegel dagegen sogar etwas stärker steigen (GI etwa 105).

Andere Zuckerarten wirken deutlich langsamer. Galactose wird gleichmäßig im Körper verteilt und hat einen niedrigen GI von 20. Isomaltulose wird im Darm langsamer aufgespalten und führt zu einem GI von etwa 32. Tagatose wird nur in kleinen Mengen aufgenommen und erreicht einen GI von rund 3. Trehalose wird schrittweise verdaut, sodass die Glucose nach und nach ins Blut gelangt.

Erythritol schließlich ist ein Zuckeralkohol, der kaum verstoffwechselt wird und deshalb den Blutzuckerspiegel nicht beeinflusst (GI = 0).

Interessant zu wissen

Wie hoch der Blutzuckerspiegel tatsächlich klettert, hängt übrigens auch von unserer Stimmung ab. Diabetiker, die ihren Blutzuckerspiegel regelmäßig nach dem Essen messen, berichten immer wieder, dass der Wert nach einem genüsslich verzehrten Stück Kuchen niedriger ist, als wie wenn sie dabei ein schlechtes Gewissen haben. Allein der innere Selbstvorwurf, gerade etwas „Ungesundes“ oder „Schlechtes für die Figur“ zu essen, reicht aus, um Stresshormone freizusetzen, die den Blutzuckerspiegel zusätzlich steigen lassen.

Glykämische Last – mehr als nur der GI

Der glykämische Index (GI) zeigt, wie stark 50 Gramm Kohlenhydrate aus einem Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen. Da Portionsgrößen aber selten genau 50 Gramm Kohlenhydrate enthalten, ist der GI allein wenig aussagekräftig.

Ein Beispiel: Wassermelone hat einen hohen GI von 75, enthält aber nur etwa 5 Gramm Kohlenhydrate pro 100 Gramm Frucht. Um die Vergleichsmenge von 50 Gramm Kohlenhydraten zu erreichen, müsste man rund ein Kilo essen. Weißbrot hat einen ähnlichen GI – aber schon zwei Scheiben liefern die 50 Gramm Kohlenhydrate.

Um solche Unterschiede besser darzustellen, wurde die glykämische Last (GL) eingeführt. Sie kombiniert den GI mit der tatsächlich enthaltenen Kohlenhydratmenge. Werte bis 10 gelten als niedrig, bis 19 als mittel, ab 20 als hoch. Dadurch zeigt sich: Wassermelone (GL = 4) wirkt kaum, während Weißbrot (GL = 38) eine deutlich stärkere Belastung darstellt.

Quellen

  1. Abranches, Monise Viana et al. (2015): Obesity and diabetes: the link between adipose tissue dysfunction and glucose homeostasis. Nutr Res Rev 28 (2): 121–132.
    [Link zum Artikel]
  2. Samuel, Varman T.; Shulman, Gerald I. (2016): The pathogenesis of insulin resistance: integrating signaling pathways and substrate flux. J Clin Invest 126 (1): 12–22.
    [Link zum Artikel]
  3. Zhang, Mingzhi et al. (2015): Associations of Different Adipose Tissue Depots with Insulin Resistance: A Systematic Review and Meta-analysis of Observational Studies. Sci Rep 5: 18495.
    [Link zum Artikel]
  4. Crane, Paul K. et al. (2013): Glucose levels and risk of dementia. N Engl J Med 369 (6): 540–548.
    [Link zum Artikel]
  5. Rosness, Tor Atle et al. (2016): Association Between Random Measured Glucose Levels in Middle and Old Age and Risk of Dementia-Related Death. J Am Geriatr Soc 64 (1): 156–161.
    [Link zum Artikel]
  6. Bosco, Domenico et al. (2011): Possible implications of insulin resistance and glucose metabolism in Alz-heimer’s disease pathogenesis. J Cell Mol Med 15 (9): 1807–1821.
    [Link zum Artikel]
  7. Dineley, Kelly T.; Jahrling, Jordan B.; Denner, Larry (2014): Insulin resistance in Alzheimer’s disease. Neu-robiol Dis 72 Pt A: 92–103.
    [Link zum Artikel]
  8. Atkinson, Fiona S.; Foster-Powell, Kaye; Brand-Miller, Jennie C. (2008): International tables of glycemic index and glycemic load values: 2008. Diabetes Care 31 (12): 2281–2283.
    [Link zum Artikel]
  9. Foster-Powell, Kaye; Holt, Susanna H A; Brand-Miller, Janette C. (2002): International table of glycemic index and glycemic load values: 2002. Am J Clin Nutr 76 (1): 5–56.
    [Link zum Artikel]

Wichtige Hinweise zu unseren Gesundheitsinformationen-Haftungsausschluss +

Die Inhalte auf der Internetseite wurden von uns ausschließlich zur allgemeinen Information verfasst und geben Hinweise zu unterstützenden Maßnahmen, wie sie aktuell in der Wissenschaft und Medizin diskutiert werden. Die gesundheitsbezogenen Informationen werden auf wissenschaftlicher Grundlage mit größter Sorgfalt erstellt und dienen allein dem Zweck, den Grad der Informiertheit der Bevölkerung zu verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen zu erhöhen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen übernehmen wir keine Haftung. In jedem Fall sollten alle Maßnahmen mit dem behandelnden Arzt bzw. Therapeuten abgesprochen werden. Ein guter Allgemein- und Ernährungsstatus kann dem Organismus helfen, Erkrankungen vorzubeugen oder diese zu überwinden. Alle zu den Rohstoffen oder Produkten getroffenen Aussagen beschreiben Eigenschaften und physiologische Wirkungen, die bei Konsumenten natürlicherweise unterschiedlich ausfallen können und stellen keine Heil- oder Gesundheitsversprechen dar.

Dies schließt sich in 0Sekunden