Tagatose

Tagatose ist ein natürlicher Einfachzucker (Monosaccharid) und ähnelt strukturell der Fructose (Fruchtzucker). Das Besondere an diesem Zucker ist dessen geringe Resorptionsrate. Lediglich 20% der aufgenommenen Tagatose-Menge werden im Dünndarm resorbiert und anschließend über gleiche Stoffwechselwege wie Fructose verwertet. Die restlichen 80% gelangen weiter in den Dickdarm, wo Tagatose von der dort ansässigen Darmflora als Nahrungsquelle genutzt und fermentiert wird.

Ist Tagatose natürlich?

Tagatose ist ein natürlicher Zucker, der in der Natur in einigen Früchten sowie in verarbeiteten Milchprodukten zu finden ist. Nennenswerte Mengen kommen z.B. in Äpfeln, Ananas und Orangen vor sowie in kleineren Mengen in erhitzter Kuhmilch und in fermentierten Produkten wie Joghurt 1.

Schadet Tagatose meinen Zähnen?

Tagatose ist zahnfreundlich. Sie wird nicht von kariesverursachenden Bakterien verstoffwechselt und trägt somit nicht zur Säurebildung im Mund bei. Gezielte Untersuchungen der Universität Zürich fanden keinen Einfluss der Tagatose auf die Kariesbildung 23.

Fördert Tagatose die Darmflora?

Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass Tagatose einen präbiotischen Effekt hat. Im Gegensatz zur Mundflora können einige Bakterienarten der Darmflora Tagatose als Nahrungsquelle nutzen. Verschiedene Lactobacillen und einige andere Milchsäurebakterien können den Zucker fermentieren 4 und hieraus kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure (Butyrat) bilden 5. Das fördert einerseits das Wachstum der nützlichen Darmkeime. Andererseits zeigten Studien, dass von der Darmflora gebildetes Butyrat die Darmzellen mit Energie versorgt und eine gesundheitsfördernde Wirkung auf diese ausübt 6.

Belastet Tagatose meinen Blutzuckerspiegel?

Nein. Durch die geringe und zudem sehr langsame Resorption gelangt nur wenig Tagatose in den Blutkreislauf. Ein nennenswerter Blutzuckeranstieg und eine damit verbunden hohe Insulinfreisetzung bleiben aus. Tagatose weist daher einen sehr niedrigen glykämischen Index von gerade einmal 3% auf (in Vergleich zu Traubenzucker mit einem glykämischen Index von 100%) 7.

Kann ich als Diabetiker Tagatose verwenden?

Tagatose kann auch von Diabetikern sehr gut genutzt werden und ist eine ideale Zuckeralternative, die gut süßt ohne sich spürbar auf den Blutzuckerspiegel auszuwirken. Diabetiker sollten jedoch beachten, dass Tagatose durch die geringe Resorption nur geringfügig zur Zuckerversorgung beiträgt. Um Unterzuckerungen zu vermeiden und dem Körper gleichmäßig mit Glucose (Traubenzucker) zu versorgen, empfiehlt sich besonders für insulinpflichtige Diabetiker die Kombination von Tagatose mit Trehalose, Galactose oder Isomaltulose.

Ist Tagatose auch bei Lactoseintoleranz, Fructoseunverträglichkeit oder Zöliakie geeignet?

In herkömmlichen Mengen (1-2 Teelöffel pro Mahlzeit) ist Tagatose gut verträglich und auch bei Lactoseintoleranz und Zöliakie geeignet. Da Tagatose größtenteils im Dickdarm verwertet wird, empfehlen wir zur Sicherheit den Zucker jedoch nur zu verwenden, wenn infolge einer erfolgreichen Ernährungstherapie derzeit keine Darmbeschwerden bestehen.

Trotz der strukturellen Ähnlichkeit zu Fructose wird Tagatose im Darm über einen anderen Weg (passive Diffusion) resorbiert und beeinflusst die Fructoseaufnahme nicht. Tagatose ist für die meisten Menschen mit intestinaler Fruchtzuckerunverträglichkeit verträglich. Dennoch empfehlen wir bei einer sehr stark ausgeprägten Fructoseunverträglichkeit die individuelle Verträglichkeit von Tagatose durch anfänglich kleine Mengen zu testen.

(Hinweis: eine intestinale Fruchtzuckerunverträglichkeit darf nicht mit der sehr seltenen hereditären Fructoseintoleranz verwechselt werden, bei der Tagatose grundsätzlich ungeeignet ist)

Wirkt Tagatose abführend, wenn ich diese in größeren Mengen konsumiere?

Wir empfehlen Tagatose nur in üblichen Zuckermengen zu genießen (maximal zwei Teelöffel bzw. einen Esslöffel Tagatose pro Mahlzeit). Da ein Großteil unresorbiert in den Dickdarm gelangt, kann die bakterielle Fermentation hoher Tagatose-Mengen unter Umständen zu Darmbeschwerden beitragen und abführend wirken. Beschwerden wie leichte Blähungen können bei empfindlichen Menschen ab einer Einzeldosis von 20 g (etwa 4 gehäufte Teelöffel) auftreten.

Wie viel Kalorien enthält Tagatose?

Tagatose enthält nur 1,5 kcal pro Gramm. Diesen für einen Zucker vergleichsweise niedrigen Kaloriengehalt verdankt Tagatose der geringen Resorptionsrate. Nur etwa 20% der zugeführten Zuckermenge werden tatsächlich vom Körper aufgenommen und verwertet.

Warum ist auf dem Etikett von Tagatose ein Kaloriengehalt von 400 kcal pro 100 g angegeben?

Die EU-Zulassung sieht rechtlich derzeit die Angabe von 400 kcal pro 100 g für jeden Zucker vor. Dies schließt auch Tagatose ein, obwohl deren niedrigerer Kaloriengehalt durch Studien bestätigt ist 8. In nicht-europäischen Ländern wie der USA oder Süd-Korea darf hingegen der reduzierte Kaloriengehalt auf Etiketten angegeben werden.

Schmeckt Tagatose genauso süß wie Haushaltszucker?

Tagatose hat eine kräftige, angenehme natürliche Süße und weist im Vergleich zu Haushaltszucker (Saccharose: Süßkraft = 100%) eine Süßkraft von 92% auf. Tagatose eignet sich daher gut, um herkömmliche Zucker in Rezepten zu ersetzen.

Wann darf ich Tagatose nicht verwenden?

Tagatose ist für die meisten Menschen unbedenklich und in üblichen Zuckermengen genossen gut verträglich. Lediglich Personen mit einer angeborenen hereditären Fructoseintoleranz dürfen Tagatose nicht verwenden. Bei diesem sehr seltenen Enzymdefekt ist der Fruchtzuckerstoffwechsel in den Körperzellen blockiert, Zwischenprodukte des Fructoseabbaus reichern sich an und schädigen mit der Zeit die Organgewebe. Da Tagatose aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit über die gleichen Stoffwechselwege wie Fructose abgebaut wird, kann auch diese bei einer hereditären Fructoseintoleranz nicht verwertet werden.

(Hinweis: Die hereditäre Fructoseintoleranz ist nicht zu verwechseln mit der häufigeren intestinalen Fructoseintoleranz, die sich durch Bauchkrämpfe, Blähungen und Durchfälle nach dem Genuss von Fruchtzucker bemerkbar macht.)


Quellen

  1. Rymon Lipinski, Gert-Wolfhard von (2007): Handbuch Süssungsmittel. Eigenschaften und Anwendung. Hamburg: Behr’s Verlag. 2., vollst. überarb. Auflage.
  2. Imfeld, T. (1996): Telemetric evaluation of D-tagtose provided by MD Foods Ingredients Amba, Denmark, with regard to the product’s qualification as being safe for teeth“. Dental Institute, University of Zurich, Switzerland.
  3. Imfeld, T. (1998): Telemetric evaluation of D-tagtose provided by MD Foods Ingredients Amba, Denmark, with regard to the product’s qualification as being safe for teeth“. Study performed after different plaque-adaption periods. Dental Institute, University of Zurich, Switzerland.
  4. Bertelsen, H.; Andersen, H.; Tvede, M. (2001): Fermentation of D-Tagatose by Human Intestinal Bacteria and Dairy Lactic Acid Bacteria. Microb Ecol Health Dis 13 (2): 87–95.
    [Link zum Artikel]
  5. Venema, K.; Vermunt, S.H.F.; Brink, E. J. (2005): D-Tagatose increases butyrate production by the colonic microbiota in healthy men and women. Microb Ecol Health Dis 17 (1): 47–57.
    [Link zum Artikel]
  6. Leonel, Alda J.; Alvarez-Leite, Jacqueline I. (2012): Butyrate: implications for intestinal function. Curr Opin Clin Nutr Metab Care 15 (5): 474–479.
    [Link zum Abstract]
  7. Atkinson, Fiona S.; Foster-Powell, Kaye; Brand-Miller, Jennie C. (2008): International tables of glycemic index and glycemic load values: 2008. Diabetes Care 31 (12): 2281–2283.
    [Link zum Abstract]
  8. Bär, A. (1998): An evaluation of the caloric value of D-tagatose. Manuscript for MD Foods Ingredients amba.